Die Enthüllung der Magie der Viralität

Wir teilen immer häufiger Informationen, aus immer mehr Quellen, immer schneller und mit mehr Menschen. Doch warum zum Teufel teilt niemand deine tollen WDF*IDF-SEO-Texte? Deine Infografiken? Warum gehen deine Videos nicht viral? Die Influenza kommt mehr herum als dein teurer Content. Wie funktioniert virales Marketing? Explodierende Nutzerzahlen wären doch schön, oder nicht?

Es gibt schon jetzt täglich extrem viele neue Inhalte. Und es werden immer mehr. Die Aufmerksamkeitsspanne wird immer kürzer. Was nicht sofort ins Hirn knallt, verschwindet in der Bedeutungslosigkeit. Jedes Jahr werden 5,2 Billionen display Anzeigen ausgeliefert, 400 Millionen Tweets verschickt. 576.000 Stunden YouTube-Videos werden jeden Tag hochgeladen und auch auf Facebook werden täglich 8 Milliarden Videos angeschaut. Bei Snapchat sind es 6 Milliarden. Irgendwo anders bestimmt auch noch ein paar Milliarden. Hier nicht ganz. Warum also sollten Menschen auch über deine Inhalte reden? Weil sie lustig sind? Weil sie nützlich ist? Nö.

„Wir pfeifen auf nützliche Inhalte“, sagt Karl ♥.
„Wir brauchen geiles Zeug, das direkt ins Hirn knallt!“
Damit du lernst, wie man geiles Zeug macht, machen wir jetzt Viralkundeunterricht.

Das erwartet dich

Die geheime Formel der Viralität

Je mehr Menschen deinen Inhalt teilen, desto mehr sehen ein Snippet und desto mehr klicken darauf. Je mehr klicken, desto mehr sehen und teilen ihn und schwuppdiwupp ist dein Content viral. Jeder Besucher muss im Durchschnitt mindestens einen neuen Besucher akquirieren. Daraus ergibt sich in einer stark vereinfachten Formel die Mathematik der Viralität.

Sharerate = Shares/Views
Klickrate = Klicks/Impressions
Reichweite = Impressions/Shares

Viralität = Sharerate * Klickrate * Reichweite

Wenn von 100 initalen Besuchern beispielsweise 5% deinen Inhalt auf Facebook teilen, hast du 5 Shares. Angenommen, es gibt pro Share jeweils 100 Impressions in den Timelines der Freunde, sind es insgesamt 500 Impressions. Bei einer Klickrate von 10% bekommst du 50 neue Besucher. Das sind nur halb so viele wie deine initalen 100. Diese 50 akquirieren 25, diese 12… Dein Inhalt verbreitet sich nicht viral.

Wenn von 100 Besuchern 20% deine Seite teilen, bekommst du bei 100 Impressions pro Share 2.000 Impressions. Bei einer CTR von 10% bekommst du 200 neue Besucher. Diese 200 sind doppelt so viele, wie deine ursprünglichen 100. Und sie holen zusätzliche 400, diese 800… Dein Inhalt verbreitet sich viral.

Die Impressions pro Share kannst du kaum beeinflussen. Wenn du einen Multiplikator dazu bewegst, deinen Inhalt zu teilen, bekommst du sehr viele Impressions und vermutlich auch Klicks. Effektiv hast du so aber nur mehr initiale Besucher. Entscheidend ist, was danach passiert.

Du musst also die Share- und Klickrate optimieren. Die Klicks gehen vergleichsweise einfach. Wenn du ein paar Euro für verschiedene Facebook Ads ausgibst, merkst du relativ schnell, was gut klickt und was nicht. Wenn jemand etwas bei WhatsApp oder per E-Mail weiterempfiehlt, ist zwar die Reichweite deutlich kleiner, die Klickrate aber ohnehin extrem hoch. Es ist deutlich schwieriger, Menschen dazu zu bewegen, deine Inhalte zu teilen. Das ist die Basis für virales Marketing.

Die Psychologie des Teilens

Warum wir teilen

Nach Fogg sind alle Menschen motiviert nach Vergnügen zu streben und Schmerzen zu vermeiden, nach Hoffnung zu streben und Angst zu vermeiden sowie nach sozialer Akzeptanz zu streben und Zurückweisung zu vermeiden.

Der Drang nach sozialen Beziehungen ist extrem tief im Homo sapiens verankert, nur ganz fundamentale körperlichen Grundbedürfnisse wie Nahrungsaufnahme und Schlaf, sowie der Wunsch nach Sicherheit, spielen eine noch wichtigere Rolle in unserem Leben. Wir wollen von anderen akzeptiert werden. Wir wollen einen Platz in einer sozialen Gruppe. Wir streben nach Akzeptanz. Wir alle wollen Anerkennung, Zuneigung, Liebe und Geborgenheit.

Wenn wir etwas auf Facebook teilen, eine E-Mail mit einer Empfehlung verschicken oder etwas mündlich überliefern, beeinflussen wir aktiv, was andere Menschen über uns denken oder nicht denken. Das birgt die Chance, von anderen positiv wahrgenommen zu werden und Zuspruch zu bekommen, aber auch die Gefahr der Ignoranz oder gar der Ablehnung.

Daher überlegen 94% genau, ob geteilte Informationen hilfreich für die Empfänger sind. Die Angst vor Zurückweisung führt dazu, dass sich in einem Zeitraum von 17 Tagen 71% selbst zensieren und mindestens einmal in letzter Minute etwas doch nicht auf Facebook posten, obwohl sie schon etwas fertig geschrieben haben.

Jeder hat die Chance, genau zu überdenken, wie er sich online darstellen möchte. So haben wir die Möglichkeit, unsere eigene Identität zu formen. Unterschiedliche Aspekte der Identität spielen dabei verschiedene Rollen.

Aspekte der Identität

Als Individuen gewichten wir viele Aspekte unserer Identität in einer Hierarchie. Je höher eine Identität gewichtet ist, je größer und wichtiger das soziale Netzwerk, welches mit der Identität verknüpft wird, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass wir etwas tun, um die Identität zu stärken oder zu bestätigen. Eine Studie von Factl zeigt wie die verschiedenen Aspekte der Identität gewichtet werden.

Aspekte der Identität

  • Relationale Identität
  • Persönliche Identität
  • Soziale Identität
  • Oberflächliche Identität
  • Kollektive Identität

Relationale Identität

Dieser Aspekt der Identität hängt mit Beziehungen und engen Freundschaften zusammen. Ganze 84% der Befragten gaben an, dass Beziehungen wichtig sind, wenn es zum Teilen von Inhalten kommt. Sie wollen gute Freunde für diejenigen sein, die ihnen wichtig sind. Wir empfehlen Inhalte, die uns selber gar nicht interessieren, wenn wir denken, dass es einer geliebten Person weiterhilft. Ganz altruistisch. Vielleicht nicht öffentlich auf Facebook. Aber per E-Mail oder WhatsApp.

Persönliche Identität

Dieser Teil beschreibt Wertevorstellungen, Träume und Ziele sowie Emotionen von Personen. Er spielt die zweitwichtigste Rolle beim Teilen von Inhalten. Ganze 63% der Befragten gaben an, dass persönliche Werte eine sehr große Rolle spielen. Wir wollen anderen zeigen, wer sie sind. Spreche Menschen aus der Seele. Formuliere ihre Gedanken besser auf den Punkt, als sie es je könnten. Sie werden es teilen.

Soziale Identität

Diese Perspektive betrachtet die Beliebtheit, das Aussehen und die Reaktionen von anderen. Diese Punkte sind für 41% der Männer und 37% der Frauen mehr oder weniger wichtig.

Oberflächliche Identität

Weniger als 35% sagten, dass Besitz eine wichtige Rolle spielt. Für 30% hat das Geschlecht oder das Alter einen Einfluss auf das Verhalten beim Teilen von Inhalten.

Kollektive Identität

Weniger als 10% erachten die Religion oder Ethnie als wichtigen Faktor.

Motivation zum Teilen

Bei den oben genannten Zahlen wurden Teilnehmer der Studie befragt, wie wichtig der jeweilige Teil ist. Es wurde auch gefragt, was der eine wichtigste Grund zum Teilen von Inhalten ist.

Wichtigste Motivation

  • 44% wollen andere unterhalten
  • 25% wollen anderen etwas beibringen
  • 20% wollen zeigen wer sie sind
  • 10% wollen etwas unterstützen
  • 1% wollen etwas über andere lernen

Die Zahlen sind toll. Sie helfen die Bedeutung der einzelnen Aspekte einzuordnen. Allerdings denken wir nicht so rational. Kaum jemand macht sich beim Teilen bewusst so viele Gedanken. Wir alle lassen uns von Emotionen lenken. Inhalte, die keine Emotionen auslösen, werden nicht geteilt oder weiterempfohlen. Es geht aber nicht nur darum, „einfach“ hochemotionale Inhalte zu erstellen. Entscheidend ist, dass die richtigen Emotionen ausgelöst werden.

Welche Emotionen helfen dabei?

Jede Emotion kann mithilfe der Dimensionen Valenz (Wertigkeit) und Arousal (Erregung) charakterisiert werden. Die Valenz beschreibt, ob eine Emotion positiv oder negativ ist. Arousal sagt etwas über den Aktivierungsgrad der Emotion aus.

Inhalte, die positive Emotionen auslösen, werden häufiger geteilt, als diejenigen, die negative Emotionen auslösen. Aber auch negative Emotionen können das Teilen von Inhalten fördern. In jedem Fall muss der Inhalt erregen und das Zentralnervensystem aktivieren. Er muss ins Hirn knallen.

Positive, aktivierende Emotionen

Lustige Inhalte sind schön. Reichen aber nicht. Lustig ist die kleine Schwester von nett. Erstelle atemberaubende Inhalte, die deine Leser überwältigen. Es geht nicht um Freude, ist geht um Extase. Mache deine Besucher mit unglaublich berührenden Geschichten sprachlos. Dein Content muss unvergleichlich und unvergesslich sein. „Aber ich hab doch ein langweiliges B2B-Thema?“. Gib ihnen Wissen, das sie woanders nicht kriegen. Neues Wissen kann das Gefühl von Macht und Überlegenheit auslösen, begeistern und berauschen. Sie werden enthusiastisch und entschlossen sein, das neu erlernte auszuprobieren. Und sie werden sich entsprechend mitteilen.

Negative, aktivierende Emotionen

Du kannst Menschen auch wütend machen. Wenn sich der Zorn gegen dein Unternehmen richtet, hast du aber unter Umständen schnell einen Shitstorm an der Backe. Die meisten Unternehmen möchten zu recht mit positiven Emotionen in Verbindung gebracht werden. Aber auch ein Statement zu einem unliebsamen Thema kann dich deiner Zielgruppe noch näher bringen. Wer nicht polarisiert, ist langweilig. Oder du lenkst die negativen Emotionen gegen andere. Aber bitte nicht gegen Minderheiten, denen es unverschuldet schlechter geht, als dir. Wirklich nicht.

Virales Marketing: Emotionen nach Valenz und Arousal
Du darfst diese Grafik nutzen (CC-BY-SA).
Ich freue mich über einen Link zu dieser Seite.

Fazit

Natürlich ist virales Marketing nicht einfach. Viralität ist nicht planbar. Trotzdem kannst du die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass sich deine Inhalte viral verbreiten. Sprich die Motivation der Menschen an, sich mit anderen Verbunden fühlen zu wollen. Mit anderen Menschen, nicht mit deiner Marke.

Menschen teilen Inhalte um andere zu Unterhalten, um sich selbst gut darzustellen und um die eigene Reputation zu fördern. Aber auch um anderen zu helfen oder Reziprozität zu fördern, also um eine zukünftige Gegenleistung zu bekommen. Biete ihnen stark emotionsweckende Inhalte, die sie dabei unterstützen, das zu zeigen. Sie suchen danach. Damit kannst du sie verführen. Sie werden deine Inhalte lieben und teilen. Und dafür werden sie deine Marke lieben.

Nicht jeder Inhalt muss viral durch die Decke gehen. Es gibt auch andere erstrebenswerte Ziele. Bring nicht alles durcheinander, aber bleib dran. Bis du millionen Visits im Webanalysetool deiner Wahl siehst. 😉

Du bist toll. Bestimmt hast du schon fast alles vorher gewusst. Deine Freunde und Kollegen aber vielleicht noch nicht. Wenn du ihnen was gutes tun möchtest, teilst du es jetzt. Sie werden dich dafür lieben.